Turnfahrt Männer 2024

Die Turnfahrt der Männerriege führte ins Emmental

Schon kurz nach zehn Uhr waren wir bereits in Burgdorf und hatten die Gelegenheit in der Konditorei Kaffee und Nuss- und Mandelgipfel zu bestellen. Für die meisten hat es noch einen, für einige aber nur ein Miniaturexemplar. Wie war das doch mit den Grössen der Portionen im Emmental? Doch lange hat es uns an den Tischen im Trottoir Café nicht gehalten. Durch die nicht so einladende Eisenbahnunterführung führte der verschlungene Weg hinunter an die Emme. Ennet der Brücke noch rasch einen Blick hinauf zu den imposanten Sandsteinflüe, schon ging es in moderater Steigung dem Waldrand entlang. Zum Einlaufen war die Zeit fast zu kurz, bis schon das Gasthaus Sommerhaus in den Blick kam. Der Parkplatz war gut besetzt, eine allseits beliebte Beiz. Auf Paul’s vorsichtige Frage, wer denn den Fahrtenbericht schreiben möchte, entstand ein fast wüstes Gerangel, das ich glücklicherweise für mich entschieden habe. Nachdem das nun geklärt war, stand einem endgültigen Aufstieg aber auch gar nichts mehr im Wege.

Vorbei wars mit sanft entlang dem Waldrand – wirklich steil bergwärts führte der Hohlweg durch verwitterte Sandsteinflanken. Dieser Hohlweg durchs Leuenhölzli ist ein Abschnitt der mittelalterlichen Verbindung von Bern nach Luzern. Er wurde nicht nur von Fussgängern, sondern auch von Fuhrwerken benützt. Nicht jedoch von Freizeitwanderern, höchstens von Pilgern, die hatten jedoch eine Mission. Es zog sich noch flott dahin auf steilem, sandigem Untergrund, fast zweihundert Höhenmeter haben wir so in der Waldeskühle geschafft. Oben auf der Egg genossen wir den Ausblick in den Heimiswiler Graben mit seinen verstreuten Gehöften und dem Dorf unten am Bach.

Nach kurzem Abstieg, vorbei an reifen Waldfrüchten, fanden wir uns schon wieder in der Gartenwirtschaft des altehrwürdigen „Löwen“. Polit- und Filmprominenz ist hier schon abgestiegen ja aufgetreten. Leider gab es kein Tondokument des singenden Bundesrates. Flammenkuchen für die Männer, fotografische Weiterbildung für das geduldige Servicepersonal und schon war unser Termin fürs Glasblasen.

Quarzsand, ein bisschen Holzasche und viel Hitze, mehr braucht es für die Glasherstellung nicht. Unsere Glasbläserin hatte aber schon mehr vorbereitet. Den zugekauften, etwa 60 Zentimeter langen Glasröhren, hat sie auf einer Seite schon einen geschlossenen Kolben hin gehext. Es gab eine Demo für uns Glasnovizen, alles ganz einfach. Eine Kollektion von Schweissbrillen lag auch schon bereit. Ein überdimensionierter Bunsenbrenner, betrieben mit Gas und Sauerstoff liefert die heisse Flamme. Nein, das Pedal für die Sauerstoffzufuhr bedient nur die Glasmeisterin! Den Glaskolben in den „Hitzestrahl“ halten und mit der, der Flamme abgewandten Hand, am Glasröhrchen immer drehen, drehen, drehen. Schnell schon wird der Glaskolben gelb-orange glühend. Jetzt ist Zeit fürs Glasblasen aber bitte, immer weiterdrehen. Vorsichtig ins Glasröhrchen blasen, aber gleichwohl weiterdrehen, womöglich etwas stärker blasen, drehen nicht vergessen, schnell kühlt das glühende Glas aus uns lässt sich nicht weiter aufblasen. Mit Hilfe der Glasmeisterin werden wir das Trinkgefäss noch öffnen. Also nun nur den vorderen Teil des geblasenen Kolbens in den Feuerstrahl halten und du denkst daran, immer drehen, drehen, drehen. Mit einem Glasstab öffnet sie nun den wieder glühenden Teil des Kolbens. Nun noch den entstandenen Rand ins Feuer halten und weiterdrehen, weiterdrehen, weiterdrehen. Sobald die Öffnung fast gleichmässig ist, war unsere Arbeit getan. Den Fuss wird die Glasmeisterin in einem schlau durchdachten Gestell zum Schluss aufleimen, wobei sie die Stiele der Gläser noch optimal ausrichten wird, bevor sie die UV-Lampe zum Aushärten des Klebstoffs einschaltet.

Nach so viel Neuem ist Zeit für etwas mehr Bewegung. Mit dem BLS-Bus ging es hinauf auf die Lueg. Die Trottinetts mit den Helmen sind bereits im Wald versteckt. Die Karte mit der Abfahrtsstrecke und den Korb mit dem Zvieri überreicht uns die nette Vermieterin der Renn-Trottis. Den Zvieri schleppten wir noch die 42 Meter hinauf zum Aussichtpunkt/Kavalleriedenkmal. Steil ist’s, oh die armen Pferde! Doch heute gibt es keine Pferde aber auch leider keine Aussicht. Zum Glück können wir uns auf der Panorama-Darstellung (made in Merenschwand) ansehen, was man bei guter Sicht alles hätte sehen können. So stärkten wir uns mit Wurst, Käse, Zopf und Bier bevor wir zu den Trottis abstiegen, den nun leeren Korb versteckten und die Helme anpassten. Die Abfahrtsstrecke mit 256 Höhenmetern meisterten wir unfallfrei (vor etlichen Jahren, im Unterengadin, war‘s auf der Riegenreise mit solchen Fahrzeugen auch schon mal „struber“ zugegangen.) Die meisten Fahrer schafften es, unten beim Löwen, den Helm mit dem ungewohnten Verschluss ohne Hilfe zu öffnen.

Das Wetter war noch immer trocken, sodass wir uns zum Nachtessen draussen installierten. Das Grillbuffet war ausgezeichnet, Supplement gab es nach Bedarf und auch der Nachtisch war vielfältig. Zum Essen konnte man den „Roten“ gleich im selber geblasenen Glas geniessen. Wie sich der hohle Stiel dann reinigen lässt, werden die meisten sicher herausfinden. Aber womöglich liesse sich das Trinkglas ja auch als Vase verwenden. Wenn dann morgen die Gläser nur heil in Merenschwand ankommen werden!

Zur Übernachtung gings dann per Taxi auf den Hof Bättwil, wenig oberhalb von Burgdorf. Schon bei der Anmeldung zur Turnfahrt haben wir uns nicht für Doppelzimmer entschieden. Da wusste niemand, dass das Achterzimmer nur ein Fenster an der Stirnseite hat. Der Schreiber war so froh, dass er nicht zuhinterst liegen musste. Die Sanitärräume waren jedoch in einem top Zustand. Wir haben uns im SB-Kühlschrank noch mit einem Schlummertrunk eingedeckt und haben ihn unter freiem Himmel und rücksichtsvoller Lautstärke genossen. Die Nacht haben einige als nicht besonders erholsam in Erinnerung, andere haben weder die Hoftiere noch den Regen bemerkt. Nach dem Morgenessen wollten wir zügig aufbrechen, denn wir hofften noch trockenen Fusses das Mittelalterfestival in Kirchberg zu erreichen. Die Wetterapps auf den Handys sind ein Segen, wenn nur nicht jedes eine andere Zeit für einen nächsten Regenguss vorhersagen würde!

Entlang der Emme erreichten wir in zügigem Fassmarsch das Gelände des Mittelalterspektakels. Hinten an den meisten Rucksäcken baumelten die bruchsicher, verpackten Gläser. Auf dem angestammten Platz in Burgdorf waren noch die Aufräumarbeiten des Schwingfestes des vorherigen Wochenendes im Gange, daher wurde das Mittelalterevent nach Kirchberg verlegt.

Um elf Uhr war der erste Teil der Schweizermeisterschaft Bogenturnier angesagt. Da fast alle von uns im Bogenschiessen ausgebildet sind, liessen wir uns dieses Wettschiessen nicht entgehen. Die Schützinnen und Schützen mit ihren Langbogen und Holzpfeilen haben auf 18Meter eine beachtliche Treffsicherheit. Allzu lange konnten wir dem Schiessen jedoch nicht beiwohnen, der Himmel öffnete alle Schleusen und das vorhergesagte Regenereignis trat nun wirklich ein. In einem der schwarz-weissen mittelalterlichen Zelte, zum Glück mit Dach, Tischen und Bänken, einfach ohne Seitenwände, fanden wir Platz. In unseren Rucksäcken war noch ausreichend Verpflegung, sodass wir diese längere Regenphase sinnvoll nützen konnten. Die Marktstände, Trödler, Zauberer und Heilkünstler haben wir nicht alle gesehen und so wundern sich einige noch heute, was alles man mit „Handauflegen“ bewirken könnte. (Wer es genau wissen möchte, das nächste Spektakel ist am 20.-22.09. in Biel, Nidau)

Mit dem Bus gings, nun wieder regenfrei, zurück nach Burgdorf. In der Metzgergasse besuchten wir noch Bernhard Luginbühl im alten Schlachthaus. Eine seiner Schwiegertöchter hatte uns auf eine spannende Führung mitgenommen. Nach so viel Eisen verspürten einige nun Lust auf etwas Süsses, am besten in Form einer Crèmeschnitte. Auch diese Wünsche wurden erfüllt. Im InterRegio nach Olten waren unsere acht Plätz wieder reserviert und im Freiämter fanden auch alle Platz. So sind wir wie geplant im 17:33 beim Volg in Merenschwand ausgestiegen. Und immer, wenn wir unsere selbstgeblasenen Gläser verwenden werden, denken wir an die Turnfahrt 2024 zurück und danken Paul nochmals für seine umsichtige Planung und Durchführung.

Autor: Werner Ruckstuhl

Impressionen

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